Prüfungen der Rechnungsführung und Mechanismen für eine gute Verwaltung öffentlicher Gelder: Hebel im Ökosystem der Rechenschaftspflicht für größere Wirkung

Der Autor. Quelle: Khalid Hamid

Autor: Khalid Hamid, Leiter Internationales, Britisches Institut für öffentliches Finanz- und Rechnungswesen (Chartered Institute of Public Finance and Accountancy; CIPFA)

Wie viele andere Menschen auch nehme ich auf Reisen oft ein Taxi vom Flughafen in die Innenstadt, um diese zu besichtigen oder dort zu arbeiten. Meiner Erfahrung nach sind Taxifahrten eine fantastische Gelegenheit, um etwas über die hiesige Kultur zu erfahren, herauszufinden, welche Sehenswürdigkeiten einen Besuch wert sind, oder Restaurantempfehlungen zu erhalten. Darüber hinaus bieten diese Fahrten eine hervorragende Gelegenheit, differenziertere (persönliche) Informationen zu erhalten: Wie die Leute ihre Regierung wahrnehmen. In vielen Fällen sprechen die Fahrerinnen und Fahrer offen über Korruption, Ineffizienz sowie Verschwendung und äußern ihre persönliche Meinung zu bestimmten Politikerinnen bzw. Politikern. Das bietet die großartige Möglichkeit – auch wenn es sich nur um Einzelberichte handelt –, ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Leute vor Ort denken und fühlen.

Sie fragen sich vielleicht, was das mit Prüfungen der Rechnungsführung und guter Staatsführung zu tun hat? Gute Frage. Der mittelbare Zusammenhang zwischen öffentlichen Dienstleistungen und fachlichen Prüfungen ist oft undurchsichtig. Meiner Erfahrung nach gehen viele Stakeholder davon aus, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen guten Prüfungen und einer soliden öffentlichen Finanzverwaltung gibt. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Ich werde versuchen, die Komponenten von Rechnungsführungsprüfungen aufzuschlüsseln und zu erläutern, warum zusätzlich Überlegungen aus Prüfungen der Recht- und Ordnungsmäßigkeit sowie aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen erforderlich sind, um den Kreis für die Sicherstellung einer guten Staatsführung zu schließen – und letztlich, wie sich dies auf die Meinungen der Menschen vor Ort, zum Beispiel auf die des Taxifahrers, auswirken könnte.

Zurück zu den Grundlagen

Im Rahmen von Prüfungen der Rechnungsführung müssen einige Schritte ausgeführt werden. Der erste ist ein Rechnungsführungsrahmen, mit dem die Prüfung durchgeführt wird. Ein Rechnungsführungsrahmen ist eine hochfachliche Angelegenheit, die oft mit Prüfungsnormen verwechselt wird. In der INTOSAI-Welt gibt es eine Reihe von Rechnungsführungsrahmen. Am elementaren Ende der Rahmen sind einfache Kassenkonten angesiedelt, welche die Ergebnisse des Haushaltsvollzugs sowie die im Laufe des Jahres gezahlten Gehälter und getätigten Beschaffungsausgaben ausweisen. Das zeigt in diesem Fall schlicht die Steuereinnahmen und deren Verwendung zur Finanzierung staatlicher Leistungen.

Am anderen Ende des Spektrums stehen ausgefeilte Rechnungsführungsrahmen, die für die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen konzipiert wurden. Diese internationalen Rechnungslegungsvorschriften sind unter dem Namen „International Reporting Financial Standards“ (IFRS) bekannt und werden von einer gleichnamigen privatwirtschaftlichen Stiftung reguliert. Ein spezifischer Rahmen für den öffentlichen Sektor, der den IFRS ähnelt, ist als internationale Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor (International Public Sector Accounting Standards; IPSAS) bekannt. Die IPSAS werden von der internationalen Gemeinschaft weitgehend als Goldstandard für die Rechnungsführung im öffentlichen Sektor befürwortet.

Prüfwesen im privaten vs. im öffentlichen Sektor

Als Nächstes ist die Einordnung des Prüfwesens zu betrachten. Prüfungen der Rechnungsführung im öffentlichen Sektor stützen sich auf privatwirtschaftliche Normen, die von einem internationalen Gremium für Prüfungs- und Kontrollnormen, dem „International Accounting and Assurance Standards Board“ (IAASB), herausgegeben werden. Dies stellt einen Unterschied zur Rechnungslegung dar, für die das IPSAS-Rahmenwerk entwickelt wurde. Einfach ausgedrückt wird das Prüfwesen im öffentlichen Sektor nicht anders gesehen. Das bedeutet, dass die INTOSAI-Normen für Oberste Rechnungskontrollbehörden (ISSAI) für Prüfungen der Rechnungsführung lediglich die privatwirtschaftlichen Normen mit Kommentaren zur Perspektive des öffentlichen Sektors sind. Das Prüfwesen im privaten wie im öffentlichen Sektor gleich zu behandeln hat tiefgreifende Auswirkungen.

Professionalisierung

Derzeit können Prüfungen der Rechnungsführung lediglich die Glaubwürdigkeit der Rechnungsführung stärken. Sie bilden keine eigenständige Praxis bzw. Funktion – sie liefern einen Bestätigungsvermerk zum Rechnungsabschluss, der von Buchhalterinnen und Buchhaltern sowie der überprüften Stelle erstellt wurde. Dies bedeutet, dass man sich auf die Professionalität und die Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Buchhaltungs- sowie Finanzabteilung, die an der Erfassung und Genehmigung von Transaktionen, Ereignissen sowie Tätigkeiten beteiligt sind, verlassen muss.

Rechnungsführungs- und Prüfungsrahmen implizieren, dass diese Aufgaben von Vertreterinnen und Vertretern von Organisationen, die sich an die internationale Vereinigung der Wirtschaftsprüfer, die „International Federation of Accountants“ (IFAC), halten, wahrgenommen werden – das sind in der Regel Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer. Um eine Mitgliedschaft zu erwerben, muss man anspruchsvolle Prüfungen, unter anderem zu den IFRS- und IAASB-Normen, bestehen. Anzumerken ist, dass diese Prüfungen die IPSAS-Normen in der Regel nicht abdecken. Daher ist der öffentliche Sektor im Allgemeinen weniger qualifiziert, Prüfungs- und Rechnungsführungsaufgaben im Einklang mit komplexen internationalen Normen (z. B. IPSAS) zu übernehmen.

Neuseeland wird oft als Vorzeigeland für die IPSAS-Umsetzung hervorgehoben und steht damit stellvertretend für ein professionelles Prüfwesen. Meiner Erfahrung nach befinden sich jedoch die meisten ORKB irgendwo auf dem Weg zur vollständigen IPSAS-Umsetzung. Dieser Weg kann Jahrzehnte dauern – und nimmt diese oft auch tatsächlich in Anspruch – und wird von internationalen Finanzinstitutionen maßgeblich unterstützt. Eine einfache Erklärung für die häufig zu beobachtenden Verzögerungen bei der Umsetzung der IPSAS ist die Diskrepanz zwischen Kompetenzen und Erwartungen: Die Gehälter und Karriereperspektiven, die von staatlicher Seite, darunter in einigen Fällen auch von Obersten Rechnungskontrollbehörden, geboten werden, stehen oft nicht im rechten Verhältnis mit den Kompetenzen und der Erfahrung von IFAC-Mitgliedern. Das Thema Kompetenz stellt in den meisten Ländern nach wie vor ein Problem dar.

Gute Staatsführung und das Vertrauen der Öffentlichkeit

Die Frage, die sich in dieser Phase stellt, lautet: Wie hat die Professionalisierung der staatlichen Rechnungsführung selbst sowie der Prüfung der Rechnungsführung des öffentlichen Sektors zu den breiteren Mechanismen guter Staatsführung beigetragen? Um dies zu veranschaulichen, werde ich mich auf das Vertrauen der Öffentlichkeit konzentrieren.

Neueste Trends und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem sinkenden Vertrauen in Regierungen sind ein wiederkehrendes Thema, das in beruflichen Gesprächen häufig zur Sprache kommt. Die OECD hat kürzlich eine unter ihren Mitgliedsländern durchgeführte Umfrage veröffentlicht, aus der rückläufiges Vertrauen in Regierungen hervorgeht. Wenn man diese Ergebnisse zusammen mit dem aktuellen Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perception Index; CPI) von Transparency International betrachtet, ergibt sich ein düsteres Bild. Neben eigennützigen Akteurinnen und Akteuren sowie mangelndem politischen Willen trägt meiner Meinung nach ein weiterer Faktor zu diesem alarmierenden Trend bei: der vernachlässigbare Einfluss von Prüfungen der Rechnungsführung auf die Politik und politische Prioritäten sowie Entscheidungen.

Eine wesentliche Einschränkung

Meiner Ansicht nach hat keine der in den letzten dreißig Jahren ergriffenen Initiativen im Bereich der Rechnungsführung und des Prüfwesens die Situation auf der Makroebene verbessert. Die mangelnde Finanzkompetenz wichtiger Stakeholder, zum Beispiel von Politikerinnen und Politikern sowie von führenden Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, führt dazu, dass die in den Berichten zu Rechnungsführungsprüfungen enthaltenen Informationen (womöglich) nur eingeschränkt verstanden werden.

Bezeichnenderweise ist das einzige öffentlich zugängliche Ergebnis von Prüfungen der Rechnungsführung im privaten Sektor der Prüfbericht – ein hochfachliches Dokument, das bestätigt, dass der im Geschäftsbericht der überprüften Stelle enthaltene Jahresabschluss zuverlässig ist. Dieser Bericht ermöglicht Investorinnen und Investoren, durch den Kauf oder Verkauf von Aktien Entscheidungen über ihre zukünftige Interaktion mit der überprüften Stelle zu treffen.

Demgegenüber sind die typischen Prüfberichte von staatlichen Stellen oft mit Compliance-Angelegenheiten verknüpft und werden in vielen Ländern von der ORKB selbst veröffentlicht. Südafrikanische Prüfungsergebnisberichte enthalten beispielsweise einen Abschnitt zu großen Wirkungen, der die Ergebnisse von Prüfungen der Rechnungsführung sowie der Ordnungs- und Rechtmäßigkeit in einem bestimmten Bereich, zum Beispiel der Lokalverwaltung, zusammenfasst. Dies ist ein perfektes Beispiel für den einzigartigen Nutzen sowie die besonderen Rahmenbedingungen der staatlichen Finanzkontrolle und dafür, wie sehr sie sich vom Prüfwesen in der Privatwirtschaft unterscheidet.

Betrachten wir nun genauer, inwiefern sich die Rechnungsführung und das Prüfwesen in der Privatwirtschaft von ihren staatlichen Pendants unterscheiden. Im staatlichen Bereich beabsichtigen wir nicht, Ressourcen vom Gesundheitswesen in das Bildungswesen zu verlagern, wenn das Bildungswesen bessere Ergebnisse erzielt (so wie die Kapitalmärkte zum Beispiel auf die Ergebnisse zweier vergleichbarer Unternehmen reagieren würden). Daher ist Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Verwendung öffentlicher Mittel das entscheidende Ergebnis des Verfahrens. Mit einer Prüfung der Rechnungsführung wird sonst nichts beurteilt.

Ein weiteres Beispiel: Öffentliche Gelder könnten für einen im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Posten ausgegeben worden sein, der aber möglicherweise reine Verschwendung war. Streng genommen würde es sich dabei immer noch um eine „korrekte” Erfassung handeln. Wir brauchen jedoch andere Blickwinkel – Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit –, um die Verschwendung unter die Lupe zu nehmen. Während der COVID-19-Pandemie gab es echte Bedenken in Bezug auf das öffentliche Beschaffungswesen in Notsituationen. ORKB reagierten darauf mit Echtzeitprüfungen der Rechnungsführung, die sich nicht auf historische Finanzinformationen stützten.

Die Grenzen von Prüfungen der Rechnungsführung kommen in einem von Korruption geprägten Umfeld noch deutlicher zum Vorschein. Erstellte Rechnungsabschlüsse können zwar belegen, dass Ausgaben und Einnahmen korrekt erfasst wurden. In vielen Ländern reicht das jedoch nicht, um die öffentliche Wahrnehmung, dass die meisten Transaktionen auf Vetternwirtschaft, Bestechung oder Nepotismus beruhen, zu beschwichtigen. Eine solche Tatsache mindert wiederum das Ansehen des Prüfdiensts.

Keine Wunderwaffe

Diese echten Herausforderungen erfordern natürlich weitere Analysen. Was ich allerdings aufzeigen möchte, ist, dass Prüfungen der Rechnungsführung wertvolle, aber unvollständige und nicht unabhängige Dienstleistungen für den öffentlichen Sektor sind. Sie sind keine Wunderwaffen. Prüfungen der Rechnungsführung haben einzigartige Überschneidungen mit einem breiten Spektrum an Aufgaben und Organisationen des öffentlichen Sektors.

Wenn wir uns nur auf Prüfungen der Rechnungsführung verlassen, können wir nicht umfassend und sorgfältig auf die berechtigten Bedenken von Taxifahrerinnen und -fahrern eingehen. Wir könnten ihnen zwar sagen, wie das Geld ausgegeben und verwendet wird, aber nicht, warum sie das Gefühl haben, dass ihre Regierungen (oder deren Dienstleistungen) nicht zu ihren Gunsten ausgerichtet sind. Prüfungen der Rechnungsführung sind ein wichtiges Instrument im breiteren Ökosystem der öffentlichen Finanzverwaltung und Rechenschaftspflicht. Um ihre Wirkung zu maximieren, muss man sie jedoch mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen sowie Prüfungen der Ordnungs- und Rechtmäßigkeit im Hinterkopf durchführen.

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