Einsatz eines Geoinformationssystems (GIS) in der staatlichen Finanzkontrolle

Source: Adobe

Autor: Mai Malek Abdin, leitender Prüfer

Einführung

Moderne Technologie hat die Welt revolutioniert und ist zu einer bevorzugten Verbündeten von Prüferinnen und Prüfern geworden, da ihr Einsatz sowohl die Effizienz als auch die Wirksamkeit der Prüftätigkeiten erhöhen kann. Weltweit begrüßen Regierungen und Einrichtungen des öffentlichen Sektors innovative Technologien mit offenen Armen, um ihre Prüfungsverfahren zu modernisieren. Zu diesen Technologien zählen unter anderem Blockchain, künstliche Intelligenz (KI) und Datenanalyse.

Unter diesen Technologien spielen Geoinformationssysteme (GIS) eine wichtige Rolle. GIS statten Prüferinnen und Prüfer mit einer räumlichen Perspektive aus, wodurch sie Daten in einem georäumlichen Zusammenhang visualisieren und analysieren können. Durch den Einsatz eines GIS können Prüferinnen und Prüfer in bestimmten Gebieten konzentrierte Betrugsrisiken ermitteln, den Einfluss von geografischen Faktoren auf Prüfungsergebnisse bewerten sowie gut fundierte Entscheidungen treffen, um die Transparenz und Rechenschaftspflicht im öffentlichen Sektor zu steigern.

Ein GIS ist ein „computergestütztes System zur Erhebung, Speicherung, Analyse, Abfrage und Anzeige räumlicher Daten“ und unterscheidet sich durch seine große Speicherkapazität von anderen räumlichen Informationssystemen.

Durch den Einsatz eines GIS können Prüferinnen und Prüfer tiefer in die Datenanalyse eintauchen und Muster sowie räumliche Beziehungen, die womöglich schwer ersichtlich sind, erkennen. Dieses räumliche Verständnis stattet sie mit der Fähigkeit aus, konzentrierte Betrugsrisiken in bestimmten geografischen Gebieten zu ermitteln und den Einfluss geografischer Faktoren auf die Prüfungsergebnisse zu bewerten.

Indem das Prüfungspersonal mithilfe eines GIS fundierte und datengestützte Entscheidungen trifft, kann es die Präzision sowie den Wirkungsgrad der staatlichen Finanzkontrolle erhöhen und schlussendlich zur Steigerung der Transparenz, Verbesserung der Ressourcenverteilung sowie Stärkung der Rechenschaftspflicht in der öffentlichen Mittelverwaltung beitragen.

GIS-Einsatz in der ORKB Ägypten: Prüfungsfallstudie

Im letzten Jahrzehnt hatte Ägypten mit einem erheblichen Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu kämpfen, was zu großen finanziellen Bürden für den Staat, der Entschädigungen für das verlorene Land zahlte, führte. Dies ging einher mit nicht genehmigten Bauprojekten, die ebenfalls zum Verlust großer landwirtschaftlicher Flächen führten und eine Belastung für die Ressourcen sowie die Infrastruktur des Staats darstellten.

Um diese Herausforderungen in Angriff zu nehmen, initiierte Ägypten im Januar 2020 die Initiative „Go Green“ – einer der staatlichen Versuche, das Umweltbewusstsein zu steigern und die nachhaltige Ressourcennutzung zu fördern. Die Initiative verfolgt das Ziel, zu langfristiger Nachhaltigkeit zu gelangen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung innerhalb von drei Jahren zu erreichen.

Darüber hinaus erprobte der ägyptische Staat sein Engagement für die Bekämpfung des globalen Klimawandels, indem er im Jahr 2022 als Gastgeber der UN-Klimakonferenz (COP 27) fungierte. In ihrem strategischen Prüfplan behandelt die ORKB Ägypten die Themen Umweltprüfung und Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung als oberste Prioritäten.

Zu den jüngsten GIS-Prüfungen der ORKB Ägypten zählte die Leistungs- und Wirkungsabschätzung von Bodenfruchtbarkeitsprogrammen durch GIS-Analyse. Ziel der Prüfung war die Beurteilung der Wirksamkeit dieser Programme auf einer Fläche von 50.459,04 Hektar entlang der Straße El Bahria Oasis im Gouvernement Giza. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Beurteilung der Ergebnisse und Auswirkungen der Programme unter Verwendung vordefinierter Kriterien wie Ernteertrag, Verbesserung der Bodenqualität und Nachhaltigkeit.

Das GIS wurde bei dieser Prüfung folgendermaßen eingesetzt:

In der Planungsphase zogen die Prüferinnen und Prüfer GIS-Methoden heran, um Unterstützung bei der Auswahl des Prüfthemas zu erlangen und dieses in Einklang mit dem strategischen Prüfplan der ORKB Ägypten zu bringen. Zur Weiterentwicklung und Verfeinerung der Prüfungsziele ermittelte das Prüfungspersonal bestimmte Kriterien und Metriken, um die Wirksamkeit der Bodenfruchtbarkeitsprogramme zu bewerten. Die Prüfung verfolgte das Ziel, zu bestimmen, inwiefern diese Programme in der Zielregion zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität, Verbesserung der Bodeneigenschaften und Förderung der Nachhaltigkeit beitrugen. Die ORKB Ägypten wählte dieses Projekt aus, da landwirtschaftliche Projekte auf nationaler Ebene als Priorität eingestuft wurden.

In der Phase der Datenerhebung und -analyse erhielt das Prüfungspersonal – mit der Hilfe von GIS-Expertinnen und -Experten – analysierte geografische Informationen, um die Validität der Prüfungsnachweise durch den Vergleich mit einschlägigen Standards zu überprüfen.

Die Prüferinnen und Prüfer führten eine Risikoanalyse durch, bei der sie Faktoren wie Wasserquellen und steile Abhänge in einem geografischen Kontext berücksichtigten. Dies trug dazu bei, Herausforderungen und verbesserungswürdige Bereiche der Bodenfruchtbarkeitsprogramme zu ermitteln.

Das Prüfteam berechnete den Düngemittelbedarf der Region mit einer geografischen Datenbank, ArcGIS-Ressourcen, und erstellte auf der Grundlage der vorherrschenden Bodeneigenschaften sowie der erwarteten Bodennutzung Düngemittelbedarfskarten.

Bei der Prüfung verwendeten die Prüferinnen und Prüfer das GIS, um neben der Eignung von Anbaupflanzen auch Informationen über aktuelle und potenzielle Bodentauglichkeit zu generieren.In der Berichterstattungs- und Kontrollphase setzte das Prüfungspersonal die Informationen aus dem GIS wirksam ein, um die Prüfungsergebnisse an die Stakeholder zu kommunizieren. Dank der Visualisierungsfunktionen des GIS konnten die Prüferinnen und Prüfer ihre Botschaft klar und deutlich darlegen: Sie verwendeten neben den schriftlichen Berichten ebenfalls Karten und visuelle Darstellungen. Dieser ganzheitliche Ansatz sorgte für ein besseres Verständnis und mehr Transparenz unter den Stakeholdern.

GIS-generierte Kartierung

Prüfungserkenntnisse

Bodennährstoffanalyse: Die Prüfungserkenntnisse zeigen, dass die im Rahmen der Bodenfruchtbarkeitsprogramme durchgeführte Nährstoffanalyse in der Regel präzise und verlässlich war. Mit der GIS-basierten Methode wurden die Bodeneigenschaften, der Nährstoffgehalt sowie die Bodentauglichkeit für den Pflanzenanbau erfolgreich erfasst. In manchen Fällen entdeckte das Prüfungspersonal jedoch Abweichungen bei den Auswahlverfahren der Proben sowie Dateninkonsistenzen, die weitere Untersuchung und Normierung erfordern.

Digitale Karten: Die eingesetzten digitalen Karten, die mit dem GIS generiert wurden, bilden die Bodeneigenschaften sowie den Nährstoffgehalt ab und erwiesen sich bei der Beurteilung der Bodenfruchtbarkeitsprogramme als äußerst nützlich. Diese digitalen Karten lieferten eine wertvolle visuelle Darstellung der Agrarlandschaft. Die Prüferinnen und Prüfer stellten in bestimmten Bereichen jedoch geringfügige Diskrepanzen fest: zum Beispiel Falschangaben von Bodenarten und eingeschränkte Auflösung in bestimmten Gebieten, was die Notwendigkeit laufender Verbesserung und Aktualisierung verdeutlicht.

Düngemittelempfehlungen: Die Prüfungserkenntnisse zeigen, dass die aus der GIS-Analyse abgeleiteten Düngemittelempfehlungen in der Regel im Einklang mit dem Bedarf und den Anforderungen der Zielregionen standen. Diese große Präzision der Düngemittelempfehlungen hatte positive Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktivität und Ressourcenverwaltung. Es gab jedoch einige Fälle, in denen die unsachgemäße Anwendung oder unzureichende Kontrolle zur suboptimalen Verwendung von Düngemitteln führte, was Verbesserungen im Bereich der Umsetzungspraktiken erfordert.

Herausforderungen bei Prüfungen mit GIS

Bei der Fallstudie zu den Bodenfruchtbarkeitsprogrammen gibt es einige Herausforderungen in Bezug auf den Einsatz der GIS-Technologie bei Prüfungen.

Eine der größten Herausforderungen ist die Verfügbarkeit von genauen und aktuellen GIS-Daten für die geprüfte Region. Da die Beurteilung der Bodenfruchtbarkeitsprogramme in hohem Maße auf der Analyse von GIS-Daten – unter anderem Fernerkundungsdaten und räumlichen Datensätzen – beruht, ist die Beschaffung qualitativ hochwertiger Daten, die den aktuellen Zustand der geprüften Region widerspiegeln, von entscheidender Bedeutung. Unzureichende Datenerfassung, veraltete Datensätze oder inkonsistente Datenqualität könnten die Genauigkeit sowie Verlässlichkeit der Prüfungserkenntnisse beeinträchtigen.

Eine enge Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden vor Ort, den landwirtschaftlichen Forschungsinstituten oder sonstigen Datenanbietern ist von wesentlicher Bedeutung, um den Zugriff auf verlässliche und aktuelle dem jeweiligen Prüfungsbedarf entsprechende GIS-Daten zu sichern.

Darüber hinaus sorgte die Interpretation und Analyse der GIS-Daten im Rahmen der Fallstudie für Herausforderungen. Aufgrund der Komplexität der GIS-Analysetechniken – räumliche Analyse, Interpolation, Modellierung etc. – sollten Prüferinnen und Prüfer über ein tiefgreifendes Verständnis für GIS-Prinzipien und -Methoden verfügen.

Bei der Beurteilung der Bodenfruchtbarkeitsprogramme muss das Prüfungspersonal die spezifischen Faktoren und Variablen begreifen, welche die Bodengesundheit und die Nährstoffregulierung beeinflussen. Die Fähigkeit, in den erfassten GIS-Daten räumliche Muster und Trends zu erkennen, ist entscheidend, um zu aussagekräftigen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen zu gelangen. Eine klare, deutliche und sorgfältige Kommunikation der GIS-gestützten Prüfungserkenntnisse ist sowohl für Stakeholder vom Fach als auch für sonstige Stakeholder gleichermaßen wichtig, um wirksame Entscheidungen treffen und die Programme verbessern zu können. Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert eine Kombination aus Fachexpertise, Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten vor Ort sowie wirksamer Kommunikation, um für eine erfolgreiche Integration der GIS-Analyse in das Prüfungsverfahren zu sorgen.

Prüfungsempfehlungen

Einbindung fortschrittlicher technologischer Lösungen: Um die Genauigkeit und Effizienz der Bodennährstoffanalyse zu verbessern, sollte Ägypten die Einbindung fortschrittlicher Fernerkundungsdaten und Modellierungstechniken in die GIS-Analyse von Bodenfruchtbarkeitsprogrammen prüfen.

Gewonnene Erkenntnisse: Für verlässliche sowie glaubwürdige Ergebnisse ist es wichtig, bei der Auswahl von Proben standardisierte Verfahren zu bevorzugen und eine beständige Datenqualität aufrechtzuerhalten.

Stärkung der Leistungsfähigkeit durch Schulungen und Kompetenzentwicklung: Für die erfolgreiche Bewertung von Bodenfruchtbarkeitsprogrammen ist es entscheidend, in die Schulung von Prüferinnen und Prüfern zu investieren.

Gewonnene Erkenntnisse: Es ist unbedingt notwendig, Kompetenzen im Bereich der GIS-Analyse, Datenerhebung und -interpretation zu stärken. Werden Prüferinnen und Prüfer mit diesen Kompetenzen ausgestattet, werden die Prüfungen genauer und verlässlicher. Dies fördert die fundierte Entscheidungsfindung sowie erfolgreiche Programmausführung.

Verbesserung der Umsetzungspraktiken: Die Verbesserung der Umsetzungspraktiken ist von zentraler Bedeutung, um die aus den Düngemittelempfehlungen herrührenden Vorteile zu maximieren. Der effiziente und wirksame Einsatz von Düngemitteln kann zu höherer landwirtschaftlicher Produktivität sowie zu verbesserter Ressourcenverwaltung führen.

Gewonnene Erkenntnisse: Eine aufmerksame Überwachung des Umsetzungsprozesses trägt zur Ermittlung und sofortigen Handhabung etwaiger Diskrepanzen oder Lücken bei. Dazu gehört die Hervorhebung angemessener Anwendungsverfahren und die regelmäßige Durchführung von Kontrollprüfungen.

Stärkung des Überwachungs- und Evaluierungsrahmenwerks: Die Einbindung eines GIS in das Überwachungs- und Evaluierungsrahmenwerk der Prüfung kann die Wirksamkeit und Effizienz der Prüfungsverfahren wesentlich erhöhen und zu einer fundierteren Entscheidungsfindung sowie zu besseren Prüfungsergebnissen führen.

Gewonnene Erkenntnisse: Ein robustes Überwachungs- und Evaluierungsrahmenwerk mit klaren Indikatoren zur Beurteilung von Wirksamkeit und Nachhaltigkeit ist unumgänglich. Regelmäßige Prüftätigkeiten ermöglichen es den Stakeholdern, Fortschritte zu verfolgen, Bereiche mit Verbesserungspotenzial zu ermitteln und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Fazit

Durch die Einbindung von GIS in Prüfungen können sich Oberste Rechnungskontrollbehörden geografisch-räumlicher Methoden bedienen, um auf der Grundlage von räumlichen Beziehungen, Mustern und Informationen Erkenntnisse sowie Empfehlungen zu erarbeiten. Die ORKB Ägypten setzte das GIS erfolgreich ein, um die landwirtschaftlichen Bodenfruchtbarkeitsprogramme Ägyptens zu beurteilen und die Ergebnisse sowie Auswirkungen dieser Programme zu verstehen. Trotz der Herausforderungen hinsichtlich der Verwendung der GIS-Analyse stellt ein GIS dennoch ein wertvolles Hilfsmittel für Prüfungen dar, um komplexe räumlich bedingte Probleme zu lösen und Daten aus geografischer Perspektive zu verstehen sowie zu bewerten. 

Back To Top