Geschlechtergleichstellung ungeachtet der Herausforderungen vorantreiben? ORKB kommt eine wichtige Rolle zu

Hauptverantwortliche für den Beitrag: Petra Schirnhofer, Schwerpunktbereich Gender und Inklusion der IDI
Geschlechtergleichstellung bildet überall auf der Welt das Herzstück einer friedlichen, wohlhabenden und nachhaltigen Zukunft für alle. Über viele Jahrzehnte hinweg haben Fortschritte in Bezug auf die Rechte von Frauen und Mädchen in vielen Teilen der Welt den Grundstein für Geschlechtergleichstellung und Inklusion gelegt. So verfolgen heute beispielsweise über 100 Länder, wie viele Mittel dem Bereich Geschlechtergleichstellung zugewiesen werden.
Geschlechtergleichstellung hat eine Nutzen für alle Gesellschaften, und zwar nicht nur für Frauen und Mädchen, sondern für alle. Auf globaler Ebene können die für das Jahr 2030 gesetzten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) nur erreicht werden, wenn wir die Gleichstellung der Geschlechter stärker fördern.
Und doch bleibt die Welt mit Herausforderungen im Hinblick auf Maßnahmen zu Gender, Vielfalt und Inklusion konfrontiert. Viele Menschen, darunter Frauen und Mädchen, wurden während COVID-19, in der Klima- und Wirtschaftskrise sowie in Konflikten zurückgelassen1. In einer zunehmend polarisierten Welt versuchen „Anti-Gender“-Bewegungen, institutionelle, rechtliche und politische Rahmenbedingungen zu beeinflussen.
Das diesjährige Thema des Internationalen Frauentags lautete „For ALL women and girls: Rights. Equality. Empowerment.“ (dt. etwa „Für ALLE Frauen und Mädchen: Rechte. Gleichstellung. Stärkung.“). Das Jahr 2025 ist ein Schlüsselmoment im weltweiten Streben nach Geschlechtergleichstellung und der Stärkung der Rolle der Frau. Es ist ebenfalls das 30. Jubiläum der Erklärung und Aktionsplattform von Peking.
Die Förderung der Rechte ALLER Frauen und Mädchen ist heute wichtiger denn je – für Geschlechtergleichstellung, für eine nachhaltige Entwicklung und für eine bessere Zukunft. Und Oberste Rechnungskontrollbehörden (ORKB) tragen in ihren jeweiligen Ländern dazu bei. Sie können eine Veränderung bewirken. ORKB können Regierungen für ihre Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung zur Rechenschaft ziehen.
Wie ORKB Geschlechtergleichstellung berücksichtigen – ein globales Bild
Die alle drei Jahre stattfindenden Globalen Umfragen und der „Global SAI Stocktaking Report 2023“ (dt. etwa „Bericht über die ORKB-Bestandsaufnahme 2023“) der INTOSAI Entwicklungsinitiative (IDI) zeigen, dass ORKB in einigen Bereichen sensibler auf das Thema Geschlecht geworden sind.

Auf den ORKB-Führungsebenen geben über 60 Prozent der ORKB an, geschlechtsspezifische Zuständigkeiten bis zu einem gewissen Maß institutionalisiert zu haben.
Folgendes war im Jahr 2023 von besonderem Interesse:
- 37 Prozent der ORKB hatten geschlechtsspezifische Schwerpunkte,
- 30 Prozent der ORKB geben an, über eine geschlechtsspezifische Strategie zu verfügen,
- 40 Prozent der ORKB halten fest, dass ihr Strategischer Plan die Gleichstellung der Geschlechter auf institutioneller Ebene fördert, und
- 37 Prozent der ORKB erklären, Gender und Inklusion in ihrer Personalstrategie zu berücksichtigen.
In Bezug auf ORKB-Prüfungen geben 31 Prozent der ORKB an, mindestens eine geschlechtsbezogene Prüfung durchgeführt zu haben, und 21 Prozent erklären, eine geschlechtsspezifische Komponente im Rahmen ihrer Prüfungen etabliert zu haben. Durch die Einnahme einer geschlechtsspezifischen Perspektive bei ihren Prüfungen können ORKB die Bedürfnisse sowie Stimmen von Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen reflektieren sowie bewerten und eine Veränderung im Leben der Menschen bewirken. Als Institutionen können sie mit gutem Beispiel vorangehen und dem Grundgedanken des INTOSAI-P 12 über den Wert und Nutzen von ORKB gerecht werden. Die Ergebnisse der Globalen Umfragen und Bestandsaufnahme zeigen, dass sich ORKB stärker engagieren. Dennoch gibt es noch einiges zu tun.
Wie die IDI ORKB bei Geschlechtergleichstellung und Inklusion unterstützt
Die IDI sucht nach Wegen, um weiterhin Impulse für Geschlechtergleichstellung und Inklusion zu geben, sowohl durch ihre interne Arbeit als auch zusammen mit ORKB. Genau genommen fußt die Unterstützung der IDI auf den ORKB-eigenen Bedürfnissen in den Bereichen Geschlechtergleichstellung und Inklusion. Hier sind einige Beispiele für die Zusammenarbeit der IDI mit ORKB:
ORKB-Führung:
Unterstützung von Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion in der Personalführung von ORKB durch „TOGETHER”. Seit 2022 wurden mit dieser IDI-Initiative 36 ORKB in verschiedenen INTOSAI-Regionen auf Englisch, Französisch und Arabisch dabei unterstützt, Gender und Inklusion in verschiedenen Dimensionen ihres Personalmanagementsystems zu etablieren.

Messung der Leistung von ORKB mit dem Rahmenwerk zur Leistungsbewertung (SAI PMF): Die IDI führt die Bemühungen an, Gender und Inklusion in der aktuellen Überarbeitung des Rahmenwerks besser widerzuspiegeln.
Unterstützung von ORKB-Leiterinnen und -Leitern: „MASTERY“, eine IDI-Initiative für ORKB-Leiterinnen und -Leiter, und die „SAI Governance Academy“ enthalten Einheiten und Module zu inklusiver Führung.
ORKB-Prüfungen:
Förderung einer gleichberechtigteren Zukunft durch das „Equal Futures Audit“ (EFA): Im Jahr 2023 rief die IDI die Initiative „EFA Changemakers“ ins Leben. Gemeinsam mit ORKB ermittelte die IDI im Rahmen der Initiative sechs Schlüsselbereiche der Marginalisierung: Geschlecht, Armut, ethnische Zugehörigkeit, Migration, Alter und Behinderung. Die IDI ermöglichte die Initiative 24 teilnehmenden ORKB auf Englisch und Spanisch.

Der Gedanke ist, einen Pool von leitenden Prüferinnen und Prüfern dabei zu unterstützen, zu Akteurinnen und Akteuren des Wandels sowie Champions für die Einbindung von Gleichberechtigung und Inklusion in ORKB-Prüfungen und -Prüfungsstrategien zu werden. Bis Ende 2024 hatten 14 ORKB EFA-Veränderungsstrategien erarbeitet und mit deren Umsetzung begonnen, darunter Brasilien, Ägypten, Kosovo, Mauretanien und die Philippinen. Anfang 2025 veröffentlichten die ORKB Chile, Costa Rica, Mauretanien, Thailand und Uruguay ihre EFA-Berichte gemäß ihrem Mandat. Andere teilnehmende ORKB werden ihre Strategien und Prüfungen voraussichtlich im Jahr 2025 fertigstellen.
ORKB dabei unterstützen, niemanden zurückzulassen: Um geschlechtergerecht und inklusiv zu sein, müssen wir zusammenarbeiten und dürfen niemanden zurücklassen. Im Jahr 2024 hat die IDI das SDG-Prüfungsmodell der IDI (IDI SDG Audit Model; ISAM) überarbeitet sowie Rahmenwerke für die Prüfung der Maßnahmenkohärenz und des Prinzips, niemanden zurückzulassen (Leave No One Behind; LNOB), ausgearbeitet.
Professionelle Ausbildung für ORKB-Prüferinnen und -Prüfer (vom Englischen „Professional Education for SAI Auditors“ kurz PESA): Für die IDI steht PESA auch für inklusive Bildungsmaterialien, Diversität der virtuellen Mentorinnen und Mentoren, welche die Kategorien Geschlecht, verschiedene Fähigkeiten, ethnische Zugehörigkeit und Kultur widerspiegeln, sowie Beispiele und Fallstudien, die Gender und Inklusion berücksichtigen.
ORKB in herausfordernden Situationen:
Gemeinsam mit Partnerorganisationen unterstützte die IDI eine Reihe von ORKB in herausfordernden Situationen dabei, Wege zu finden, um Gender, Diversität und Inklusion in ihrer Führungs- sowie Prüfungstätigkeit besser zu berücksichtigen. Zu den Ergebnissen dieser Initiative zählte ein kürzlich veröffentlichter Prüfbericht der ORKB Madagaskar über geschlechtsspezifische Gewalt.
Das sind einige Beispiele dafür, was ORKB zur Stärkung der Geschlechtergleichstellung tun können und wie die IDI sie dabei unterstützt. Diese Unterstützung stützt sich auf die Strategie für Gender und Inklusion sowie die fortlaufende Entwicklung der IDI. Sie erfordert zudem Engagement innerhalb der INTOSAI-Gemeinschaft und Verpflichtungen seitens der ORKB. Wir wissen, dass die Fortschritte momentan weder umfassend noch schnell genug sind, um die Geschlechtergleichstellung bis 2030 zu erreichen2. In einigen Teilen der Welt erfährt Geschlechtergleichstellung sogar zunehmende Ablehnung. Dennoch müssen wir nach vorne schauen, nicht zurück. Lassen Sie uns gemeinsam voranschreiten. Es ist an der Zeit.
Sehen Sie sich das Kurzvideo der IDI mit dem Titel „Equality Matters“ (dt. etwa „Gleichstellung ist wichtig“) hier an.
- Hier ein Link zu den Kurzdarstellungen der Strategien von UN Women, die sich ebenfalls mit den negativen Auswirkungen von COVID-19 auf Geschlechtergleichstellung befassen, und hier der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Ungleichbehandlung der Geschlechter. ↩︎
- Siehe auch den „Global Gender Gap Report“ 2024 des Weltwirtschaftsforums. ↩︎