Öffentlicher Jahresbericht der ORKB Frankreich über die staatlichen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel

von Pierre Moscovici, Leiter der ORKB Frankreich
Die französische Verfassung betraut die ORKB Frankreich (auf Französisch „Cour des Comptes“) mit der Aufgabe, die Öffentlichkeit mit ihren öffentlichen Berichten zu informieren. Der öffentliche Jahresbericht stellt dabei ein wichtiges Instrument dar. Im Gesetz heißt es, er befasst sich mit „einer wichtigen Frage der öffentlichen Ordnung, auf die der Cour des Comptes die Aufmerksamkeit der Behörden lenken und über die er Bürgerinnen und Bürger informieren möchte“. In ihrem öffentlichen Jahresbericht für das Jahr 2024 befasste sich die ORKB Frankreich mit dem Thema staatliche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.
Diese Thematik betrifft alle Bereiche des öffentlichen Handelns. Sie betrifft in erster Linie Behörden jedweder Art und auf sämtlichen Ebenen – Ministerien, lokale Behörden, nationale und lokale öffentliche Einrichtungen, Staatsunternehmen –, muss aber auch alle gesellschaftlichen Akteure einbeziehen: Haushalte, Unternehmen, die Bildungsgemeinschaft, Vereine und die Welt der Wissenschaft. Im Mittelpunkt stehen jedoch die Bürgerinnen und Bürger. Nichts kann ohne sie erfolgen, geschweige denn gegen sie. Nun werden aber viele der Maßnahmen, die als Reaktion auf die Auswirkungen des Klimawandels vorgesehen sind, ihre Lebensbedingungen in wesentlichen Bereichen verändern: Ernährung, Wohnen, Verkehr, Freizeitgestaltung etc.
Die Anpassung an den Klimawandel ist ein komplexes Thema. Es geht um die Anpassung an sehr unterschiedliche Phänomene (Hitzewellen, Waldbrände, Wirbelstürme, Hochwasser etc.), deren Auswirkungen sich in verschiedenen räumlichen sowie zeitlichen Dimensionen und in einem sich verändernden Umfeld zeigen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist die Anpassung an den Klimawandel ein besonders geeignetes Thema für die Finanzgerichtsbarkeit, ihre Rolle als vertrauenswürdige dritte Partei gegenüber Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie der Öffentlichkeit wahrzunehmen.
An den für diesen Bericht angestellten Recherchen waren die sechs thematischen Kammern der ORKB Frankreich und alle 17 regionalen und territorialen Rechnungskammern beteiligt. Der Großteil betraf Politikbereiche, die sowohl vom Staat als auch von den lokalen Behörden getragen werden. Sie verfolgten das Ziel, Antworten auf die wichtigsten Fragen zu geben, die sich Französinnen und Franzosen stellen, wenn das Thema der Anpassung ihrer Lebensumstände, ihrer Umgebung sowie ihrer Tätigkeiten aufkommt.
Sie wollen zunächst wissen, was sie konkret zu erwarten haben und in welchem Zeitrahmen: Sie wollen die Auswirkungen des Klimawandels auf ihren Alltag verstehen und abschätzen können. Sie wollen auch wissen, wie die für die Anpassung an den Klimawandel erforderlichen Maßnahmen bestimmt, beschlossen sowie zwischen allen beteiligten Akteuren aufgeteilt werden sollen: Das Thema Anpassung darf nicht nur aus technischer Sicht betrachtet werden, sondern ist auch eine demokratische Frage. Die Komplexität der Anpassungsmaßnahmen und die Höhe der damit verbundenen Ausgaben in einer Zeit, in der die Situation der öffentlichen Finanzen immer besorgniserregender wird, veranlassen sie schließlich zu der Frage, wie angemessene und gleichzeitig nachhaltige Lösungen erarbeitet sowie umgesetzt werden können: Was kann effizient und zu möglichst geringen Kosten erfolgen?
Vor diesem Hintergrund untersuchte die Finanzgerichtsbarkeit zunächst drei Querschnittsthemen: den Stellenwert und die Rolle der öffentlichen Forschung für die Anpassung an den Klimawandel, die Rolle der Finanz- und Kreditinstitute für die Anpassung der Wirtschaft an den Klimawandel sowie den Beitrag der Agence française de développement (dt. etwa „französische Entwicklungsagentur“) zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern.
Zudem analysierte die Finanzgerichtsbarkeit die Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensumstände der französischen Bevölkerung und auf bedeutende öffentliche Infrastruktur. Zu diesem Zweck prüfte sie die Frage der Anpassung des Wohnraums und der städtischen Zentren sowie die Einbeziehung dieser Frage in die staatliche Immobilienpolitik. Die Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Verwaltung von Atomkraftwerken, Wasserkraftwerken, Stromübertragungs- und -verteilungsnetzen sowie Bahnstrecken, sowohl in Bezug auf den Betrieb als auch hinsichtlich Investitionen, ist ebenfalls eine große Herausforderung, die Anlass zu konkreten Nachforschungen gab. Die spezielle Situation des französischen Verteidigungsministeriums wurde unter dem gleichen Blickwinkel untersucht.
Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, in der die Französinnen und Franzosen leben sowie arbeiten. Die Finanzgerichtsbarkeit prüfte, wie diese Auswirkungen in der Forstwirtschaft und der Bewirtschaftung der Küstengebiete sowie bei der Prävention von klimabedingten Naturkatastrophen in den Überseegebieten und dem Schutz gefährdeter Menschen vor Hitzewellen antizipiert sowie bewältigt werden. Sie untersuchte ebenfalls, wie sich Getreideanbau und Berggebiete an den Klimawandel anpassen können.
Aus all diesen Untersuchungen lassen sich vier wichtige Erkenntnisse ableiten.
Zunächst brauchen wir bessere Kenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels, die Risiken, an die wir uns anpassen müssen, und deren Ausmaß. Wir müssen unbedingt den Datenbestand verbessern, um genauere und verlässlichere Prognosen zu erstellen, und die geltenden Normen anpassen, um den sich verändernden Risiken Rechnung zu tragen. In diesen drei Bereichen (Daten, Prognosen, Normen) verdeutlichte die Arbeit der Finanzgerichtsbarkeit, wie viel noch getan werden muss. So befinden sich die Instrumente zur Erfassung und Beurteilung des Zustands der rund 200.000 Gebäude, aus denen sich das Immobilienvermögen des Staates zusammensetzt, noch in der Einführungsphase und liefern nur für zwei Drittel der Gebäude Daten, die im Übrigen unvollständig sind. Die Finanzgerichtsbarkeit stellte außerdem fest, dass die Wettervorhersagen für die französischen Überseegebiete von schlechterer Qualität sind als jene für das französische Festland, obwohl diese Gebiete aufgrund der Bevölkerungskonzentration an den Küsten sowie des hohen Anteils an prekären Wohnverhältnissen höheren Risiken ausgesetzt und anfälliger sind.
Die zweite wichtige Erkenntnis betrifft die Notwendigkeit, Bürgerinnen und Bürger sowie Entscheidungsträgerinnen und -träger über die Herausforderungen im Zusammenhang mit den Anpassungsmaßnahmen zu informieren. Die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Risiken und die zu treffenden Entscheidungen, aber auch über die Möglichkeiten, die sich aus den Anpassungsmaßnahmen ergeben, ist die Grundvoraussetzung für die Unterstützung des Ansatzes durch die Öffentlichkeit: Dem erfolgreichen Einsatz dieser Maßnahmen muss umfassende Überzeugungsarbeit hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und ihres Nutzens vorausgehen. So steigert die Finanzierung umfassender Renovierungsprojekte, die nicht nur den Austausch der Heizungssysteme, sondern auch eine bessere Belüftung, Isolierung und einen besseren Sonnenschutz umfassen, nicht nur das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner, sondern regt auch Bauunternehmen dazu an, qualifizierte Fachkräfte für diese Arbeiten einzustellen.
Die von den französischen Finanzbehörden durchgeführten Recherchen verdeutlichten ferner, dass es staatliche Maßnahmen zur Entwicklung einer kohärenten und koordinierten Strategie, d. h. zur Planung der gesellschaftlichen Anpassung an den Klimawandel, braucht. In erster Linie müssen die Anpassungsziele mit den Zielen zahlreicher anderer staatlicher Politikbereiche in Einklang gebracht werden, zum Beispiel mit dem Wunsch der gewählten Vertreterinnen und Vertreter sowie der lokalen Bevölkerung in touristischen Gebieten wie Gebirgen und Küstenregionen, ihr Wirtschaftsmodell so lange wie möglich beizubehalten. Außerdem gilt es, eine echte Kultur der Planung und des Risikomanagements zu schaffen, indem Planungsinstrumente auf der richtigen territorialen Ebene eingesetzt und in den zahlreichen Bereichen, in denen mehrere Akteure beteiligt sind, miteinander koordiniert werden. Eine konsequente und angemessene Planung ist eine notwendige, aber keineswegs die alleinige Voraussetzung für wirksames Handeln: Wir brauchen auch einen Piloten, der die Aktivitäten dieser zahlreichen Akteure regelt und koordiniert. Auch der Staat muss seine Rolle als Stratege vollumfänglich wahrnehmen, indem er klare Ziele vorgibt und einen Weg zu deren Erreichung festlegt.
Schließlich haben die sechzehn von der Finanzgerichtsbarkeit durchgeführten Umfragen gezeigt, wie groß die Herausforderung bezüglich der Finanzierung der Anpassungsmaßnahmen ist. Angesichts der angespannten Haushaltslage kann diese Herausforderung nur bewältigt werden, wenn das Streben nach Effizienz – d. h. nach Wirksamkeit bei möglichst geringen Kosten – absolute Priorität erhält. In diesem Zusammenhang wird in dem Bericht vor den Risiken von Fehlanpassungen gewarnt, die der Umsetzung von kurzfristig wirksamen, aber mittel- sowie langfristig kostspieligen Notfallmaßnahmen innewohnen (z. B. übermäßiger Einsatz von Klimaanlagen, systematischer Einsatz von Systemen zur künstlichen Beschneiung in Wintersportorten oder regelmäßiges Auffüllen von Sandstränden, die von Küstenerosion bedroht sind). Die Forschung spielt natürlich eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, geeignete Lösungen zu finden und staatliche Akteure dabei zu unterstützen, die richtigen Methoden und den richtigen Zeitplan für deren Anwendung zu bestimmen. Wir müssen auch unsere Einschätzung der Anpassungskosten, die noch zu oft unvollständig oder gar nicht vorhanden ist, verbessern. Die „Preiswahrheit“ ist in der Tat ein wesentliches Entscheidungselement bei der Festlegung und Umsetzung finanziell nachhaltiger Lösungen. Die Anpassung muss jedoch nicht zwangsläufig mit neuen Staatsausgaben verbunden sein. Es gibt noch andere Hebel, die genutzt werden können: Dazu gehört, Akteure zum Handeln anzuregen und sie stärker in die Verantwortung zu nehmen.
In den meisten der untersuchten Sektoren muss noch viel getan werden, aber die Dringlichkeit der Anpassungsmaßnahmen ist inzwischen bekannt; und staatliche Akteure haben in unterschiedlichem Maße damit begonnen, sich entsprechend zu organisieren. Die Oberste Rechnungskontrollbehörde Frankreich hat ihrerseits beschlossen, diesen Prozess durch die Erstellung eines Jahresberichts zum ökologischen Wandel zu unterstützen, dessen erste Ausgabe im September 2025 erscheinen wird.