Autor: Vugar Gulmammadov, Leiter der ORKB Aserbaidschan
Einleitung
Der Klimawandel ist eines der größten globalen Probleme der heutigen Zeit. Treibhausgasemissionen, schmelzende Gletscher, Waldbrände, Entwaldung und die Fehlverteilung von Wasserressourcen wirken sich negativ auf die Umwelt sowie die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen aus.
Trotz der nationalen und internationalen Maßnahmen, die Staaten in den letzten zwei Jahrzehnten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ergriffen haben, ist der Erwärmungsprozess im Klimasystem weiterhin zu beobachten. Laut dem Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Weltklimarat) aus dem Jahr 2023 ist die globale Oberflächentemperatur im Zeitraum 2011–2020 1,1°C höher als im Zeitraum 1850–1900.
Obwohl der globale Klimaschutz in der gemeinsamen Verantwortung vieler Akteure des öffentlichen wie privaten Sektors liegt, wird die Dominanz des öffentlichen Sektors in diesem Bereich bis heute als beträchtlich empfunden. So spielen staatliche Regierungen eine wichtige Rolle im Klimaschutz, indem sie öffentliche Mittel bereitstellen, staatliche Maßnahmen umsetzen und durch verschiedene Steuerungsmechanismen den Klimawandel und seine Folgen bekämpfen. Politisches Engagement seitens Regierungen, ein institutioneller Rahmen, ein gutes strategisches Management und ein breiter Zugang zu Finanzmitteln sowie Technologien können zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen beitragen.
In Anbetracht des Einsatzes erheblicher finanzieller Ressourcen – darunter auch staatliche (öffentliche) Mittel – für die Durchführung dieser Tätigkeit können ORKB, die eine externe staatliche Finanzkontrolle durchführen, durch ihre Prüfungen einen Beitrag zu diesem Bereich leisten.
Die durchgeführten Analysen zeigen, dass sich der Erfahrungshorizont von ORKB hinsichtlich der Durchführung von Umweltprüfungen, inklusive der Beurteilung der Klimaschutzleistung, in den letzten Jahren erweitert hat.
Die Beurteilung des Klimaschutzes durch ORKB zielt darauf ab, das Ergebnis „Beitrag zur Steigerung der Rechenschaftspflicht, der Wirksamkeit und der Inklusion staatlicher Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel“ durch die folgenden drei Produkte zu erreichen:
- qualitativ hochwertige Prüfungen und Empfehlungen in verschiedenen Bereichen (Verringerung des Katastrophenrisikos, Wasserwirtschaft, Meeresspiegelanstieg, Umsetzung von Klimawandelanpassungsplänen und -maßnahmen etc.);
- rechtzeitige Vorlage der Prüfberichte gemäß den gesetzlichen Bestimmungen;
- Prüfungswirkung über den gesamten Prüfungsablauf hinweg.
Obwohl ORKB im Allgemeinen unterschiedliche Mandate haben, haben sie alle den Auftrag, die Verwaltung und Verwendung öffentlicher Mittel unabhängig zu prüfen. Die Prüfung der Mittelverwaltung sowie -verwendung ist in den meisten Fällen ein Bestandteil von Prüfungen der Ordnungs- und Rechtmäßigkeit, Prüfungen der Rechnungsführung sowie von Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Aus diesem Grund benötigen ORKB keine besondere Befugnis, um die Wirksamkeit der für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellten Mittel zu bewerten. In zahlreichen Ländern, darunter auch Aserbaidschan, wurde dies gesetzlich verankert und in die direkten Aufgaben der ORKB aufgenommen.
Laut der WGEA der INTOSAI führten ORKB in den letzten fünf Jahren mehr als 400 Umweltprüfungen durch, von denen mehr als 50 in direktem Zusammenhang mit der Beurteilung der Klimaschutzleistung stehen. Wirtschaftlichkeitsprüfungen überwiegen hier deutlich.
In Anbetracht der Relevanz des Themas ließ die ORKB Brasilien, die aktuelle INTOSAI-Vorsitzende, in Zusammenarbeit mit der WGEA der INTOSAI, Expertinnen und Experten sowie internationalen Organisationen (UNDESA, Weltbank, UNDP etc.) die ClimateScanner-Initiative vom Stapel.

ORKB werden die Endergebnisse der ClimateScanner-Bewertung voraussichtlich anlässlich der 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29), die in unserer Hauptstadt Baku, Aserbaidschan, stattfindet, bekanntgeben.

Eine Reihe finanzpolitischer Diagnoseinstrumenten fördert ebenfalls die aktive Beteiligung von ORKB an der Beurteilung des Klimaschutzes. So sieht zum Beispiel PEFA-Klima (Klimarahmenwerk), das vom Sekretariat für öffentliche Finanzen und finanzielle Rechenschaftspflicht (Public Expenditure and Financial Accountability; PEFA) ausgearbeitet wurde, ebenfalls eine ORKB-Beteiligung an dieser Tätigkeit vor. Das PEFA-Klimarahmenwerk besteht aus einer Reihe von Indikatoren, die auf dem PEFA-Rahmenwerk basieren, um Daten darüber zu erheben, wie gut die öffentliche Finanzverwaltung auf die Unterstützung sowie Förderung der Umsetzung staatlicher Klimaschutzmaßnahmen vorbereitet ist.
Erfahrungen der ORKB Aserbaidschan mit der Beurteilung staatlicher Klimaschutzaktivitäten in Bezug auf klimatische Veränderungen
In unserem Land wurde eine Reihe wichtiger Maßnahmen ergriffen, um die Ziele im Kampf gegen den Klimawandel zu erreichen, und es wurde eine staatliche Kommission zum Thema Klimawandel eingerichtet. Die Republik Aserbaidschan erstellte ihre nationalen Informationen sowie ihre zweijährlichen Aktualisierungsberichte zum Klimawandel und legte diese dem Sekretariat der UN-Klimakonferenz (UNFCCC) vor.
Gemäß dem Übereinkommen von Paris legte die Republik Aserbaidschan im Jahr 2016 ihr Dokument zu den national festgelegten Beiträgen vor und setzte sich das Ziel, Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 35 % zu reduzieren.
Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels finden sich in der „Socio-economic Development Strategy of the Republic of Azerbaijan for 2022–2026“ (dt. etwa „Sozioökonomische Entwicklungsstrategie der Republik Aserbaidschan für 2022–2026), den staatlichen Programmen zur sozioökonomischen Entwicklung der Regionen sowie anderen Dokumenten.
Obwohl die aserbaidschanische Regierung im Kampf gegen den Klimawandel erhebliche Fortschritte gemacht hat, machten die globalen weltwirtschaftlichen Entwicklungstrends den Klimawandel zu einem realen Problem für die Republik Aserbaidschan. Laut der Ergebnisse verschiedener Untersuchungen sind der Landwirtschaftssektor, die Wasserwirtschaft, Küstengebiete und der Forstwirtschaftssektor in Aserbaidschan besonders anfällig für den Klimawandel.
Um die Wirksamkeit und Effizienz der staatlichen Klimaschutz- und Umweltmaßnahmen zu beurteilen, hat die ORKB in letzter Zeit eine Reihe von Prüfungen (hauptsächlich Wirtschaftlichkeitsprüfungen) durchgeführt.
Beurteilung des effizienten Einsatzes von Bewässerung
Infolge der jüngsten Dürre ist auch in Aserbaidschan ein Rückgang der Süßwasserressourcen zu beobachten. Laut den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien belegt Aserbaidschan derzeit Platz 20 auf der Liste der Länder, die im Jahr 2040 mit Wasserknappheit zu kämpfen haben könnten. Die effiziente Süßwassernutzung ist eines der dringlichsten und wichtigsten Themen für Aserbaidschan, da in unserem Land mehr als 75 % des Süßwassers aus Quellen außerhalb des Landes stammen. Die Tatsache, dass der Großteil der Bewässerungskanäle unterirdisch verläuft, führte jedoch zu großen Wasserverlusten. Da die für eine genaue Messung der verbrauchten Wassermenge notwendige Infrastruktur fehlt, konnte das Ausmaß der Wasserverluste nicht bestimmt werden.
Beurteilung der Effizienz des Projekts „Pirshaghi-Wasseraufbereitungsanlage“
Aufgrund mangelnder Finanzierung fehlt die Infrastruktur für die Trinkwasserversorgung und das Abwassersystem im Einzugsgebiet der Anlage. Es kann daher kein Abwasser in die Anlage geleitet werden und sie kann ihren Verwendungszweck nicht erfüllen.
Wirtschaftlichkeitsprüfung des forstwirtschaftlichen Entwicklungsdienstes
Die durchgeführte Prüfung zeigt, dass im Land eine solide Rechtsgrundlage für die Regelung forstwirtschaftlicher Themen geschaffen und das Forstgesetzbuch verabschiedet wurde. Neben dem starken Rechtsrahmen wurden frühere forstwirtschaftliche Tätigkeiten, welche die Grundlage der Forstwirtschaft bilden, nicht abgeschlossen; eine effiziente Nutzung der Waldflächen wurde nicht gewährleistet. Obwohl bestimmte Maßnahmen gegen die illegale Entwaldung ergriffen wurden, waren die Maßnahmen zum Schutz sowie zur Sicherung der Wälder vor den Auswirkungen anderer anthropogener Faktoren und Schädlinge unzureichend.
Herausforderungen
Die durchgeführten Kontrollmaßnahmen zeigten, dass hinsichtlich der staatlichen Klima- und Umweltmaßnahmen zahlreiche Herausforderungen bestehen.
- Die Wiederherstellung der von der Besatzung befreiten Gebiete, der Wälder in diesen Gebieten sowie des gesamten Ökosystems erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen und viel Zeit. In den Jahren 2021 und 2022 wurden über 3 Milliarden Dollar aus dem Staatshaushalt für die Wiederherstellung der befreiten Gebiete bereitgestellt, was die Regierung vor die neuen Herausforderungen stellt, die effiziente Verwendung dieser Mittel zu planen und umzusetzen, und die ORKB vor die Aufgabe, die effiziente Verwendung der Mittel zu gewährleisten.
- Als erneuerbare Energie erfordert die Stromerzeugung in Wasserkraftwerken die Verfügbarkeit großer Fließwasserquellen. Da 75 % der Süßwasserquellen außerhalb Aserbaidschans liegen, handelt es sich bei den großen Wasserquellen hauptsächlich um grenzüberschreitende Wasserkörper. Die Verschmutzung der grenzüberschreitenden Flüsse über die einschlägigen Grenzwerte hinaus, noch bevor sie das aserbaidschanische Gebiet erreichen, sowie die weitreichenderen negativen Auswirkungen auf die Umwelt machen zusätzliche Zeit und Mittel erforderlich, um dieses Wasser für die Nutzung durch Haushalte und die Wirtschaft aufzubereiten.
- Aserbaidschan gehört zu den am stärksten minenbelasteten Ländern der Welt. Schätzungen zufolge gibt es in Aserbaidschan über 1,5 Millionen nicht explodierte Minen und Munitionskörper. Im Zeitraum vom 08.11.2020 bis zum 27.02.2024 fielen 345 Menschen 205 Minenexplosionen zum Opfer. Die Bedrohung durch Landminen schließt die Nutzung der Flächen in den befreiten Gebieten als Wohnraum, zu landwirtschaftlichen Zwecke sowie die Wiederherstellung des Ökosystems aus.
Zentrale Faktoren und Chancen
Die oben erwähnten Probleme betrafen hauptsächlich Faktoren, die landespezifische Auswirkungen charakterisieren. Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren, welche die Tätigkeit fast jeder ORKB in diesem Bereich beeinflussen.
In erster Linie ist wesentlich, dass ein strategischer Managementrahmen vorhanden ist und dass das System der öffentlichen Finanzverwaltung die Klimafrage im Bereich des Klimaschutzes berücksichtigt. Obwohl Konzepte wie Klimafinanzierung, Green Budgets etc. im Bereich der öffentlichen Finanzverwaltung derzeit an Beliebtheit gewinnen, gibt es immer noch nur wenige Beispiele, die als bewährte Verfahren in diesem Bereich bezeichnet werden können. Es ist sehr wichtig, Haushaltsindikatoren zusammen mit spezifischen politischen Zielen in die strategischen Dokumente, die in dem jeweiligen Land im Bereich Klimaschutz verabschiedet werden, aufzunehmen. Außerdem sollte bei der Erstellung des mittelfristigen Ausgabenrahmens und anderer strategischer Haushaltsdokumente verstärkt auf diese Dokumente Bezug genommen werden. Dies ermöglicht es auch, die Angemessenheit der Haushaltsmittel für die Umsetzung der verabschiedeten strategischen Dokumente im Bereich des staatlichen Klimaschutzes zu überprüfen. Gleichzeitig können durch die Einbeziehung von mehr Institutionen in den Haushaltsplan des Programms annehmbare Bedingungen für die Überwachung der Kosten des Klimaschutzes geschaffen werden. Ein weitere Ansatz ist die Kennzeichnung von Haushaltsmitteln (Budget Tagging). Die Kennzeichnung von Haushaltsmitteln für den Klimaschutz sollte stärker im Rahmen der Haushaltsklassifizierung betrachtet werden. Die erste Anlaufstelle bildet dabei das Handbuch der staatlichen Finanzstatistiken (vom Englischen kurz GFSM), einschließlich der Klassifizierung der Aufgabenbereiche des Staates, oder COFOG.
Das zweite Problem ist die Vielfältigkeit und Aktualität der Klimaschutzdaten. Bekanntermaßen werden aktivitätsbezogene Finanzdaten in einigen Fällen kurz nach Jahresende an ORKB übermittelt. Von sonstigen Daten ist dies schwer zu behaupten. Natürlich herrschen in den Ländern, in denen das Programmbudget genutzt wird, relativ günstige Bedingungen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich ORKB auf zentrale Leistungsindikatoren für nicht-finanzielle Klimaschutzdaten einigen. Eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Datenaufbereitung erfordert ebenfalls die Einbindung von IT-Systemen im betreffenden Bereich.
Als dritten Punkt können wir den Aufbau von personellem Potenzial für die Beurteilung des Klimaschutzes anführen. Bekanntermaßen erfordern Prüfungen in diesem Bereich nicht nur Wissen über finanzielle Angelegenheiten und Wirtschaftlichkeitsprüfungen, sondern auch Fachkenntnisse. Derzeit gibt es verschiedene Schulungsangebote in diesem Bereich. Es besteht großer Bedarf, in diesem Feld voranzukommen.